Moderne Elternschaft zwischen Perfektionismus und Erschöpfung
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Die LAG-Regionalgruppe Weser-Ems Nord traf sich am 09.10.2025 in Papenburg, um sich mit dem Thema „Moderne Elternschaft zwischen Perfektionismus und Erschöpfung“ auseinanderzusetzen. Angeregt durch den Film „Good Enough Parents“ von Domenik Schuster und in Auseinandersetzung mit dem Buch „Bindung ohne Burnout“ von Nora Imlau fand ein lebendiger und informativer Fachaustausch der über 30 Erziehungsberater*innen aus der Region statt.
Bindung, Burnout und der Druck der modernen Elternschaft: Warum heute so viele Eltern an ihre Grenzen kommen
Die Erwartungen an Eltern waren wohl selten so hoch wie heute. Wir wissen mehr über kindliche Entwicklung als je zuvor – und gleichzeitig fühlen sich viele Mütter und Väter überfordert, erschöpft oder sogar ausgebrannt. Um zu verstehen, warum das so ist, lohnt sich ein Blick auf zwei zentrale Konzepte der frühen Kindheit und der psychischen Gesundheit: Bindung und Burnout.
Warum Bindung so grundlegend ist
Bindung beschreibt die emotionale, auf Schutz und Sicherheit ausgerichtete Beziehung zwischen einem Kind und seiner Bezugsperson. Sie entsteht in den ersten Lebensjahren und prägt uns ein Leben lang.
Bindung wirkt wie ein doppeltes Sicherheitsnetz:
Sie bietet Kindern eine sichere Basis, von der aus sie ihre Umwelt erkunden können.
Sie schützt in stressreichen Situationen, weil Kinder wissen: Ich bin nicht allein.
Sie formt die mentale Repräsentation von uns selbst und anderen – also wie wir Beziehung, Nähe und Vertrauen erleben.
Seit etwa 2010 hat das Konzept der bedürfnisorientierten Elternschaft („Attachment Parenting“) in Deutschland an Popularität gewonnen. Gewaltfreie Kommunikation, Feinfühligkeit, Respekt, Selbstregulation und stetige emotionale Präsenz stehen im Mittelpunkt.
Die vier klassischen Bindungstypen nach Bowlby/Ainsworth:
Sicher gebunden – das Kind kann Nähe zulassen und gleichzeitig explorieren.
Unsicher-vermeidend – das Kind zeigt wenig Nähebedürfnis, weil es gelernt hat, dass es wenig Resonanz erhält.
Unsicher-ambivalent – Nähe wird gesucht, aber unsicher gehalten; oft aufgrund inkonsistenter Fürsorge.
Desorganisiert – das Kind zeigt widersprüchliche oder desorientierte Strategien; häufig bei traumatisierenden Erfahrungen.
Wichtig: Bindungstypen sind nicht lebenslang festgelegt. Durch positive Beziehungen, Therapie oder stabile Partnerschaften können sie sich verändern – ebenso wie negative Erfahrungen Bindungsmuster beeinträchtigen können.
Burnout – wenn Eltern über ihre Grenzen gehen
Burnout ist eine medizinische Diagnose, die entsteht, wenn Menschen über zu lange Zeit über ihre eigenen physischen und psychischen Grenzen gehen. Er betrifft schon lange nicht mehr nur Manager oder Menschen in sozialen Berufen.
Immer mehr Eltern geraten in einen Erschöpfungszustand, der Monate oder Jahre anhält:
Studien zeigen, dass jede fünfte Mutter akut betroffen oder gefährdet ist.
Typische Merkmale sind:
chronische Müdigkeit und tiefe Erschöpfung über länger als 6 Monate
Kontrollverlust, Antriebslosigkeit, Leistungsabfall
psychosomatische Beschwerden (Schlafstörungen, Schmerzen, Herzrasen, Verdauungsprobleme)
das Gefühl, hohe Verantwortung zu tragen, aber kaum Handlungsspielraum zu haben
emotionale Investitionen, die nicht durch Unterstützung kompensiert werden
Gerade die Carearbeit – unsichtbar, unbezahlt, emotional – ist ein Bereich, in dem Burnout besonders häufig entsteht. Eltern sein bedeutet Verantwortung rund um die Uhr. Urlaub, Pausen oder echte Entlastung sind selten.
Eltern sein heute – ein unendlicher Anspruchskatalog
Hinzu kommt, dass moderne Elternschaft inzwischen fast wie ein „Projekt“ wirkt. Von außen und von innen erzeugt sich ein enormer Anspruch:
- das Kind liebevoll, individuell und bindungsorientiert begleiten
- gleichzeitig Grenzen setzen und Leichtigkeit vermitteln
- gesunde Ernährung, Bewegung, frische Luft
- passende Hobbys und genügend Freispiel
- Rituale und verlässliche Schlafgewohnheite
- moderater Medienkonsum und gute Schulleistungen
- eine funktionierende Partnerschaft, Freundschaften und eigene Hobbys
- beruflich erfolgreich sein und fürs Alter vorsorgen
- Haushalt, Garten, Sport, Selbstfürsorge
- sich sozial engagieren und politisch informiert bleiben
- Großeltern besuchen
- nachhaltig und regional konsumieren
- und bitte auch noch entspannt, liebevoll und ausgeglichen wirken
Fehlt noch was?
Der Alltag vieler Eltern wird zu einem permanenten Spagat zwischen Idealen und Realität. Perfektionismus, gesellschaftliche Erwartungen und soziale Medien verstärken diesen Druck zusätzlich.
Wenn Bindungsideale und Burnout-Gefahr kollidieren
Eigentlich sollen bindungsorientierte Werte wie Feinfühligkeit, Respekt und emotionale Präsenz das Familienleben stärken. Doch ohne Unterstützung können sie – besonders in Kombination mit Perfektionismus – zur Überforderung führen.
Eltern geraten in einen inneren Konflikt:
- Ich möchte feinfühlig reagieren – aber ich kann nicht mehr.
- Ich will geduldig sein – aber ich bin völlig erschöpft.
- Ich weiß, wie es „gut“ wäre – aber mir fehlt die Kraft.
Entscheidend ist daher nicht nur was Eltern tun, sondern wer Eltern für sich selbst sein dürfen: Menschen mit Grenzen, Bedürfnissen und dem Recht auf Unterstützung.
Generationenfrage: Was hat sich eigentlich verändert?
Wenn wir über Belastungen von Eltern sprechen, lohnt sich ein Blick auf die Frage, ob Elternschaft heute wirklich anstrengender ist – oder ob sich vor allem die gesellschaftlichen Erwartungen verändert haben. Viele Eltern fragen sich: Sind wir empfindlicher geworden, oder ist die Last tatsächlich größer?
Tatsächlich hat sich die Wahrnehmung von Erziehung über Generationen hinweg stark verschoben. Während frühere Generationen oft nach klaren, manchmal starren Regeln erzogen haben und emotionale Bedürfnisse weniger thematisiert wurden, steht moderne Elternschaft unter einem völlig anderen Vorzeichen. Heute wissen wir mehr über Bindung, Feinfühligkeit und kindliche Entwicklung – und dieses Wissen wirkt gleichzeitig entlastend und belastend.
Ein Kernbegriff ist dabei der Mental Load. Er beschreibt weit mehr als bloße Müdigkeit: Es ist das permanente Mitdenken für andere. Eltern behalten Termine im Blick, organisieren Geburtstage, antizipieren Stimmungslagen und Bedürfnisse ihrer Kinder – und das alles in einer Zeit, in der Social Media ständig vermittelt, wie „gut“ andere Eltern scheinbar alles meistern. Diese unsichtbare Planungs- und Verantwortungslast ist ein zentraler Faktor dafür, dass viele Mütter und Väter sich dauerhaft erschöpft fühlen.
Moderne Elternschaft ist wissenschaftlicher, bewerteter und vergleichender geworden
Ein wesentlicher Unterschied zu früher ist die Verwissenschaftlichung der Erziehung. Eltern sind heute umgeben von Ratgebern, Studien, Podcasts und pädagogischen Konzepten. Was früher intuitiv oder pragmatisch gelöst wurde, steht heute unter der Lupe wissenschaftlicher Erkenntnisse. Viele Eltern berichten, dass sie sich dadurch ständig beobachtet oder bewertet fühlen – nicht nur von Fachleuten, sondern auch von anderen Eltern.
Hinzu kommen überhöhte Erwartungen:
Der Anspruch, sich selbst zu optimieren, eine starke Bindung aufzubauen, gleichzeitig konsequent und freundlich zu sein, im Alltag geduldig zu bleiben und am besten immer „perfekt“ zu funktionieren. Eltern vergleichen ihre Erziehungsfähigkeit zunehmend – ob bewusst oder unbewusst.
Damit wächst eine emotionale Spannung, die frühere Generationen in dieser Form kaum kannten. Während körperliche Arbeit früher belastender war, sind es heute die psychischen Anforderungen, die Eltern an ihre Grenzen bringen.
Das Schweigen über Belastung – und die Angst dahinter
Gleichzeitig existieren nach wie vor gesellschaftliche Tabus: Ausgesprochene Erschöpfung, Überforderung oder Zweifel an der eigenen Elternrolle werden oft als persönliches Versagen gedeutet. Hinzukommt die Sorge, nicht feinfühlig genug zu sein, die kindliche Bindung zu gefährden oder emotionale Bedürfnisse nicht ausreichend zu erfüllen.
Versagensangst und die Angst vor Bindungsabbruch sind damit stille Begleiter moderner Elternschaft. Viele Eltern tragen diese Ängste tief in sich – auch wenn nach außen alles stabil wirkt.
Kerninhalte des Buches:
Was Eltern wirklich stärkt
1. Realistische Elternschaft
Ein zentraler Gedanke des Buches ist die Abkehr vom Perfektionismus. Perfektion ist in der Erziehung weder möglich noch notwendig – und sie steht einer gesunden Eltern-Kind-Beziehung oft sogar im Weg. Gute Bindung entsteht nicht durch makelloses Verhalten, sondern durch das Prinzip des „gut genug“ Seins. Kinder brauchen Eltern, die authentisch, ehrlich und menschlich sind. Eltern, die Fehler machen dürfen und daraus lernen. Eltern, die sich trauen, ihren eigenen Weg zu gehen und im Alltag mit Liebe, Humor und Feinfühligkeit präsent sind. Weniger Perfektion – mehr Echtheit: Das ist die Basis, auf der Kinder sich sicher und angenommen fühlen.
2. Die Robustheit der Bindung
Ein weiterer wichtiger Kern des Buches ist die Erkenntnis, dass Bindung erstaunlich dehnbar und widerstandsfähig ist. Eine sichere Bindung zwischen Eltern und Kind hält Belastungen aus und zerbricht nicht an einzelnen schwierigen Momenten. Es zählt die Grundhaltung, nicht jede einzelne Handlung. Konflikte, Krisen oder herausfordernde Alltagssituationen können eine Beziehung sogar stärken, wenn sie gemeinsam bewältigt werden. Reibung ist kein Zeichen von Scheitern – sie ist Teil von Entwicklung. Kinder lernen an diesen Momenten nicht nur emotionale Regulation, sondern auch, dass Beziehungen trotz Schwierigkeiten sicher bleiben.
3. Selbstfürsorge als Fundament
Das Buch betont sehr klar: Eine stabile Eltern-Kind-Beziehung beginnt mit der Selbstfürsorge der Eltern. Nur wer gut für sich selbst sorgt, kann feinfühlig, präsent und stabil für ein Kind da sein. Dazu gehört, eigene Bedürfnisse wahrzunehmen, Grenzen ernst zu nehmen und überholte Glaubenssätze zu reflektieren. Achtsamkeit im Alltag bedeutet auch zu erkennen, wann „weniger mehr“ ist. Manchmal ist eine bestellte Pizza besser als ein erschöpfter Elternabend am Herd. Selbstfreundlichkeit ist kein Luxus – sie ist eine Voraussetzung, um emotional verfügbar zu bleiben.
4. Mehr Leichtigkeit, bitte!
Moderne Eltern stehen unter einem hohen gesellschaftlichen und medialen Erwartungsdruck. Es scheint, als müsse jedes Abendessen ausgewogen, jeder Geburtstag liebevoll dekoriert und jeder Familienalltag strukturiert und harmonisch sein. Doch das Buch plädiert für mehr Leichtigkeit. Eltern dürfen Pausen brauchen. Sie dürfen Routine vereinfachen, Prioritäten verschieben und Hilfe annehmen. Chronische Schuldgefühle loszulassen ist ein Schlüssel, um aus dem Hamsterrad unerreichbarer Ideale auszusteigen. Kinder brauchen keine perfekten Eltern – sie brauchen emotional anwesende Eltern.
5. Zehn Ideen für mehr Leichtigkeit im Alltag
Das Buch liefert zehn konkrete Impulse, wie Familienalltag entspannter werden kann:
- Mehr Betreuungsstunden nutzen – keine Angst vor Entlastung.
- Aktiv Hilfe einfordern.
- Synergieeffekte nutzen: gemeinsam geht vieles leichter.
- Gegenseitig ausschlafen lassen.
- Sich selbst etwas wert sein – Zeit, Geld, Aufmerksamkeit.
- Pragmatismus statt Perfektion.
- Den Kampf um Hausaufgaben verlassen.
- Nichtstun zelebrieren – ein Gegenentwurf zur Hustle Culture.
- Weniger „work hard – party hard“ und mehr echte Erholung.
- Keine Angst vor der Zukunft – mehr im Hier und Jetzt sein.
6. Ein neues Bild von Familie
Das Buch lädt dazu ein, sich von traditionellen Normen und starren Vorstellungen zu lösen. Es gibt kein Schema F für Erziehung, kein allgemeingültiges Lernkonzept und schon gar keinen einzig richtigen Weg. Familien sind vielfältig – und das ist ihre Stärke. Elternsein ist kein Job und kein Leistungssport, sondern eine Beziehung. Eine der engsten und wertvollsten Beziehungen, die wir im Leben haben.
Die Schwierigkeit: Wir denken mehr über Erziehung nach als frühere Generationen, aber gleichzeitig versuchen viele, Elternschaft anhand der Kriterien einer kapitalistischen Leistungsgesellschaft zu bewerten. Das ist unmöglich – und unfair. Das Buch ermutigt dazu, sich von dem Anspruch zu befreien, „besonders gute“ Eltern sein zu müssen, und sich stattdessen auf das Wesentliche zu konzentrieren: die zwischenmenschliche Beziehung, die Wärme, das Miteinander.
7. Worauf es wirklich ankommt
Am Ende führt das Buch zurück zu den fundamentalen Fragen:
Wie sehen wir den Menschen?
Welche Prägungen tragen wir in uns?
Wie bewusst handeln wir im Alltag?
Und wie viel Ambiguitätstoleranz bringen wir mit – also die Fähigkeit, widersprüchliche Gefühle auszuhalten?
Echte Elternschaft bedeutet, die Lebensphase anzunehmen wie sie ist. Sich selbst Fürsorge zuzugestehen. Sich klarzumachen:
Ich muss nichts leisten.
Ich muss lediglich da sein und begleiten.
Die Energieampel:
Eine einfache Übung für den Alltag
Zur Selbstreflexion lädt die „Energieampel“ ein:
Wie geht es mir gerade – rot, orange, gelb oder grün?
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Rot: Die Energiereserven sind leer, die Nerven gespannt. Jetzt braucht es dringend Pause oder Unterstützung.
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Orange: Kräfte schwinden, Reizüberflutung nimmt zu. Kleine Entlastungen helfen, nicht in Rot zu rutschen.
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Gelb: (Gelb) Etwas erschöpft, aber stabil. Alltagsanforderungen sind machbar.
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Grün: Ressourcen sind gut gefüllt – es geht mir gut.
Ein praktisches Beispiel zeigt, wie flexibel diese Bewertung sein darf – selbst bei der Brotdose am Morgen:
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Rot: Jemand anderes übernimmt das Frühstück.
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Orange: Eine Brezel vom Bäcker reicht völlig.
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Gelb: (Gelb) Belegte Brote und Apfelschnitze.
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Grün: Liebevoll gestaltete Snackboxen mit Mini-Pfannkuchen und ausgestochenem Gemüse.
Ein Zitat, das vieles auf den Punkt bringt
Nora Imlau fasst es treffend zusammen:
„Wenn ein bisschen mehr Bildschirmzeit und ab und zu mal eine TK-Pizza dafür sorgen, dass wir öfter im gelben oder grünen Bereich sind, ist für unsere Kinder sehr viel mehr gewonnen, als ihnen die Abweichung vom Goldstandard unserer Glaubenssätze je schaden könnte.“
Und weiter:
„Fachwissen schützt nicht vor Überforderung. Und Empathie schützt nicht vor Ausbrennen. Kinder ins Leben begleiten ist unglaublich schön und unglaublich schwer. Die Gleichzeitigkeit müssen wir irgendwie aushalten lernen.“
Prioritäten immer wieder den eigenen Ressourcen anzupassen – das ist kein Scheitern, sondern kluge, gesunde Elternschaft.
Bildungsbooster:
Was Kinder wirklich stärkt
Ein weiterer zentraler Baustein moderner Elternschaft ist die Frage, wie wir Kinder emotional nähren und ihnen ein starkes inneres Fundament mitgeben können. Dabei spielen die sogenannten „Liebessprachen“ eine bedeutende Rolle. Sie helfen zu verstehen, auf welche Weise Kinder Wertschätzung und Zuwendung besonders gut aufnehmen können. Manche Kinder reagieren sensibel auf Worte und aktives Zuhören, andere fühlen sich durch kleine Geschenke und Aufmerksamkeiten gesehen. Wieder andere erfahren Liebe durch Hilfsbereitschaft oder praktische Unterstützung im Alltag. Für viele Kinder ist gemeinsam verbrachte Zeit das größte Geschenk, während andere besonders auf körperliche Nähe, Berührungen und Zärtlichkeiten ansprechen.
Diese verschiedenen Liebessprachen sind kein Erziehungswerkzeug im klassischen Sinne, sondern ein Weg, die emotionale Welt eines Kindes besser zu verstehen – und ihm das Gefühl zu geben: Ich bin geliebt, so wie ich bin.
Was Kinderohren hören sollten
Kinder entwickeln ein gesundes Selbstgefühl nicht durch Perfektion der Eltern, sondern durch die Botschaften, die ihnen täglich vermittelt werden – bewusst oder unbewusst. Worte formen innere Überzeugungen, und diese begleiten sie ein Leben lang. Zu den stärksten Sätzen, die Kinder hören können, gehören:
- Alle Menschen machen Fehler – du und ich.
- Ich habe so ein Glück, dass du mein Kind bist.
- Wir müssen nicht derselben Meinung sein, um uns liebzuhaben.
- Ich glaube dir. Ich glaube an dich.
- Du bist sicher mit all deinen Gefühlen.
- Deine Meinung ist mir wichtig.
- Es gibt keinen Streit, nach dem wir uns nicht wieder vertragen können.
- Meine Liebe zu dir ist stärker als jeder Konflikt.
- Du kannst mich nicht enttäuschen.
- Für mein Glück bin ich selbst verantwortlich – nicht du.
- Ich liebe dich so, wie du bist.
- Du bist immer genug.
Solche Botschaften schenken Kindern Urvertrauen. Sie sagen: Du darfst fühlen, du darfst sein, und du bist sicher.
Gerade in einer Welt, die Kindern häufig früh Leistungsdruck und Vergleiche zumutet, sind diese Sätze ein emotionaler Gegenpol – eine stille Versicherung von Verbundenheit.
Filmtipp: „Good Enough Parents“
Ein berührender Einblick in die Themen Bindung, Bedürfnisse und Erziehungsmythen findet sich im Dokumentarfilm „Good Enough Parents“ (2021) von Domenik Schuster. Der Film stellt die Frage: Was brauchen Kinder wirklich?
Er hinterfragt idealisierte Vorstellungen von Elternschaft, dekonstruiert gängige Erziehungsdogmen und rückt stattdessen die tatsächlichen Bedürfnisse von Kindern in den Mittelpunkt. Dabei beleuchtet der Film Themen wie Wille, Wut, Macht, das elterliche Erbe und die eigenen kindlichen Prägungen, die Eltern oft unbewusst weitertragen.
„Good Enough Parents“ ist weniger ein Ratgeber als vielmehr eine Einladung zur Reflexion:
Eltern sollen Mut fassen, ihre inneren Muster zu erkennen und einen Weg zu finden, der sowohl für ihre Kinder als auch für sie selbst stimmig und tragbar ist. Der Film entlastet – denn er zeigt eindrucksvoll, dass Elternschaft nicht perfekt sein muss, um gut zu sein.
Fazit
Elternsein heute bedeutet, zwischen hohen Erwartungen, wissenschaftlichen Erkenntnissen und dem eigenen Bauchgefühl den eigenen Weg zu finden. Der Alltag ist komplexer geworden, doch zugleich wissen wir heute mehr über Bindung, Bedürfnisse und die Kraft authentischer Beziehungen. Perfektion ist weder erreichbar noch notwendig – „gut genug“ zu sein reicht völlig aus. Entscheidend ist, dass Eltern ihre eigenen Ressourcen im Blick behalten, sich selbst freundlich begegnen und den Mut haben, Konventionen zu hinterfragen. Kinder brauchen keine perfekten Eltern, sondern verlässliche, zugewandte Menschen, die mit ihnen wachsen. Wenn es gelingt, Druck loszulassen und Leichtigkeit zuzulassen, entsteht Raum für echte Verbundenheit – und genau daraus schöpfen Familien ihre Stärke.
Literatur
IMLAU, NORA (2024): Bindung ohne Burnout – ISBN: 978-3-407-86811-4
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